#62 Die Wahrheit über Ecdysteron, Steroide & Forschung mit Eduard Isenmann

1. Juli 2019 Damien

#62 Die Wahrheit über Ecdysteron, Steroide & Forschung mit Eduard Isenmann

Spinat ist Doping? Popeye hatte Recht? Nachdem die neue Ecdysteronstudie in den großen Medien die Runde gemacht hat und einige ihren Senf dazu gegeben haben, wird es Zeit dass der Autor der Studie erklärt was die Ergebnisse wirklich aussagen. Die Kritik an der Studie wird auch angesprochen und ihr bekommt einen Einblick in den Forschungsprozess und warum es nicht so einfach ist wie man denkt.

 

Eduard Isenmann ist Sportwissenschaftler und Chemiker und forscht an der Sporthochschule Köln.

Eddie ist auf Instagram
Eddie bei ResearchGate
Hier findet ihr die Studie

Zeitmarker:

00:03:44 Die Spinatstudie: Ecdysteron!
00:24:05 Das Studiendesign und was gemacht wurde
00:43:07 Frauen und ihre Besonderheiten für die Forschung
00:46:58 Kritik an Studien: berechtigt?
00:49:45 Ecdysteron auf der Dopingliste & Risiken von Nahrungsergänzungsmittel
01:08:46 Standardisierte Ernährung in Studiendesigns
01:16:47 Zeitliche Planung, Feedback der Teilnehmer & Effektives Training für eine Studie

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Comments (5)

  1. M.

    Angenehmer Gesprächspartner, kann man gut zuhören.

    Die platte Medienschelte am Anfang fand ich sehr überflüssig, vor allem dieses „Die dummen Journalisten haben ja eh keine Ahnung von Wissenschaft und Forschung“. Die schlagzeiligenträchtigen Ergebnisse der Studie wurden natürlich von der FU Berlin und der Studienleiterin bewusst so (verkürzt) gestreut, um einen möglichst großen Hype in den Medien zu erzeugen. Z. B. wird in der offiziellen Presseerklärung der FU auch das begleitende Krafttraining quasi nicht erwähnt, sondern die Leistungssteigerung nur auf den Spinatextrakt zurückgeführt (und btw. wird natürlich auch immer „Spinatextrakt“ statt Ecdysteron“ geschrieben). Die meisten Zeitungen und andere Medien haben das dann viel differenzierter berichtet.

    In die Ergebnisse habe ich aus statistischen Gründen nicht so viel Vertrauen: Bei der geringen Gruppengröße und wahrscheinlich hoher Varianz wirkt der Signifikanzfilter leider so, dass es für Signifikanz einen unrealistisch hohen Effekt geben muss. Deswegen würde es mich nicht wundern, wenn auch der Bankdrückeffekt rein zufällig ist und die nächste Studie (falls es nochmal eine gibt) ihn nicht replizieren kann. Den geringen Squateffekt kann man mit Regression to the Mean wahrscheinlich auch komplett wegerklären. Wenn Ecdysteron tatsächlich die von der Studie behaupteten Effekte hätte, gäbe es auch keine Erklärung dafür, warum das nur für den Oberkörper und nicht den Unterkörper gelten sollte.

    Wenn man noch einen Schritt weiter zurückgeht: Inhaltlich finde ich es auch kaum erklärbar, warum die Placebogruppe bei Training mit einem vernünftig strukturierten Plan mit professioneller Betreuung Muskelmasse verliert. Gerade wenn man annimmt, dass sie vorher wahrscheinlich recht suboptimal trainiert haben (angesichts der PreTest Kraftwerte). Da ist evtl. etwas grundsätzlich schiefgegangen (außerhalb von der Supplementierung), was erklärt, warum die Kraftwerte nicht so gestiegen sind wie in den anderen Gruppen.

    Finde die Studie aber auch nicht uninteressant, nur verbieten sich aus dieser schwachen Datengrundlage imo so weitreichende Schlüsse oder gar Anti-Doping-Empfehlungen.

    • Damien

      Genau das war gemeint mit „man kann es nie allen recht machen“. Hört sich so an als sollte man besser keine Untersuchung machen wenn man keine perfekte Studie mit 10000+ Probanden machen kann.
      Die untersuchte Variable war Ecdysteron und nicht Training, deswegen verstehe ich nicht wieso das hier bemängelt wird.
      Dass die Placebogruppe Muskelmasse verloren hat kann man nicht sagen, da der Wert innerhalb des Messfehlers der BIA liegt.

  2. Eddie

    @M ich kann nachvollziehen dass du einiges in Frage stellst.

    Bezüglich der Meldung weiß ich nicht wie und was genau angegeben und was genau weggelassen wurde. Wir hatten nur die Meldung von der FU Berlin, und die wurde erst von WADA begutachtet bevor sie online ging.
    Das was mich persönlich so stört ist, dass es durch Medien so überdimensional präsent war, dass es natürlich die Sportwelt in diesem Bereich in meinen Augen extrem polarisiert. Und das soll es eigentlich nicht, sondern es soll eher eine Aufklärung zu einem Thema sein. Dieses muss mehrdimensional und differenziert betrachtet werden.

    Wir sind natürlich bedacht weitere Studien in dem Bereich durchzuführen, um die Ergebnisse besser zu verstehen. Jedoch liegt dies wieder in der Hand der WADA, ob sie weitere Untersuchungen fördern möchte oder nicht.
    In dem Zusammenhang interessiert mich natürlich auch, ob wir es reproduzieren können oder nicht bzw. wie stark die Effekte im Vergleich zu anderen NEM (z.B. KREATIN etc.) sind.

    Zum Thema was auf die Dopingliste gehört oder nicht, liegt auch das bei der WADA.

    Die Empfehlung Ecdysteron auf die Dopingliste zu setzen bezieht sich nicht ausschließlich auf diese Studie, sondern aus der Summe aller Untersuchungen (Zellkultur-, Tier- und Humanstudien). Die WADA wollte im Fall Ecdysteron explizit eine Humanstudie haben, um die Effekte aus den Voruntersuchungen zu bestätigen (dies ist jedoch nicht immer der Fall gewesen. Einige Stoffe/Methoden sind, nach meinem Kenntnisstand, auch auf der Dopingliste obwohl sie nicht am Menschen durchgeführt worden sind). Das haben wir in diesem Fall auch geschafft. Jedoch, (s.o.) liegt es in unserem Interesse diese durch weitere Untersuchungen zu bestätigen.

    @M ich würde mich echt gerne mal mit dir unterhalten, da ich deine Sichtweise etc. sehr spannend finde. Vielleicht klappt es ja…

    Ich hoffe ich konnte einige Punkte hiermit etwas besser erklären.

    Leider kam für mich im Podcast von meiner Seite einiges nicht so rüber wie ich das wollte 😀 Mein Kopf rattert da manchmal etwas schneller als ich reden kann und überspringe einige Punkte und dann kann man meinen Gedankengängen schwer folgen. Ich versuche es beim nächsten Mal etwas besser zu machen 😉

    BG Eddie

    • M

      @Eddie: Finde deinen Standpunkt absolut nachvollziehbar, fand auch, dass im Podcast von dir alles super erklärt und gut zu folgen war!

      Ich habe auch gar keine feste Überzeugung zum Thema, soll heißen: Ich bin nicht der Meinung „Es funktioniert nicht / hat keine Wirkung“. In dem Comment habe ich nur versucht zu argumentieren, dass es bei bestehender Datenlage auch möglich sein KÖNNTE, dass die beobachteten Effekte Messfehler/Zufall sind. Das hat vor allem strukturelle Gründe:
      – kleine Gruppen
      – wenig Signal, viel Noise
      – multiple Vergleiche, daher Korrektur nötig

      James Krieger hat vor einiger Zeit mal einen Artikel geschrieben*, dass angesichts dieser strukturellen Probleme eine einzelne, kleine Studie so gut wie nie letztgültige Ergebnisse, sondern nur unsichere Indizien liefern wird. Und es braucht noch viele weitere Puzzleteile in Form von weiteren Studien (und letzten Endes Metaanalysen), um zu etwas gesicherteren Schlussfolgerungen zu gelangen. Wenn man also noch die Wilborn (2006) Studie einbezieht, die auf den ersten Blick auch nicht schlecht geplant aussieht und die zu eher gegenteiligen Ergebnissen kommt, „weiß“ man letztlich noch nicht viel über den Effekt von Ecdysteron.

      * gefunden:
      https://weightology.net/why-do-resistance-training-studies-differ-in-their-findings-a-lesson-in-sampling-variance/

      LG
      Martin (nur ein interessierter Laie, der sich aller Unsicherheit zum Trotz wohl demnächst auch mal ein Ecdy-Supplement bestellen wird)

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